Tod und Performance

CALL FOR PAPERS . . . „Am 26. August 2013 starb Pierre Wauthier. Der französische Finanzchef der Zurich-Versicherungsgruppe hatte sich in seinem Haus im Schweizer Kanton Zug erhängt. Er hinterließ zwei Abschiedsbriefe. Einer beginnt mit dem Satz: „Josef Ackermann ist der schlimmste Verwaltungsratspräsident, den ich je getroffen habe.“ Der frühere Chef der Deutschen Bank führte seinerzeit den Zurich-Verwaltungsrat. Drei Tage nach dem Selbstmord trat Ackermann von diesem Amt zurück, wobei er jegliche Mitschuld an der Tragödie von sich wies. Auch zwei Untersuchungen der Schweizer Finanzmarktaufsicht Finma entlasteten ihn: Es gebe keine Hinweise, dass ein „ungebührlicher oder unangemessener Druck“ auf Wauthier ausgeübt worden sei, hieß es Anfang November 2013.

Genau das war die entscheidende Frage. Schließlich hatte der Versicherungsmanager in seinem Abschiedsbrief Ackermann beschuldigt, „unerträglichen Druck“ ausgeübt zu haben. Und seine Witwe Fabienne Wauthier glaubt bis heute, dass dies auch so war. Sie bezweifelt, dass die damalige Untersuchung unparteiisch war. Gemeinsam mit ihrer Tochter Laura, ihrem Schwager Michel und der Mutter ihres verstorbenen Mannes war sie im April 2014 bei der Aktionärsversammlung der Zurich-Versicherung aufgetreten: „Wir können nicht Ihre Schlussfolgerung hinnehmen, dass es für einen Selbstmord keine Verantwortlichkeit gibt“, rief sie in den Saal. Dabei spielte sicherlich auch die Verzweiflung darüber mit, selbst keine Erklärung für die schreckliche Tat ihres Mannes zu haben. Am Vorabend des Selbstmords – Fabienne Wauthier war zu dieser Zeit zu Besuch bei ihrem Sohn in Kalifornien – hatten die beiden noch entspannt miteinander telefoniert. Und nicht nur in der Familie, auch Freunde und Kollegen hatten nach eigenem Bekunden keinerlei Anzeichen für eine Suizidgefahr gesehen. Wenn etwas derart unfassbar ist, hält man sich wohl erst recht an dem fest, was man hat. Und das sind in diesem Fall die Abschiedsbriefe.

Die beiden Briefe wurden nie veröffentlicht, ihr Inhalt tröpfelte seinerzeit nur in Auszügen an die Medien. Doch jetzt hat die Familie den Schleier ein wenig mehr gelüftet. Fabienne Wauthier und ihre beiden Kinder Laura und Alexander haben ausführlich mit der Fernsehjournalistin Tina Soliman über die Tragödie gesprochen. Daraus wurde der sehr sehenswerte Film „Tod eines Managers – Der Fall Wauthier“.“
Quelle: faz.net 26.01.2017: http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/tod-von-zurich-manager-pierre-wauthier-ist-bis-heute-raetselhaft-14508055.html

Siehe auch: CALL FOR PAPER ´Tod und Leistung´

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